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1. Theil 3 - S. 166

1880 - Stuttgart : Heitz
166 Neue Geschichte. 1. Periode. Schweden. erstes, daß er sich aufs Rathhaus begab, seinen Namen nannte und um Schutz bat. Lübeck war damals eine sehr reiche, mächtige Stadt, das Haupt der Hansa und heimlich eine Feindin des Königs von Dänemark. Während die Rathsherren noch überlegten, was zu thun sei, kam Bauer an, um den Flüchtling zurückzuholen, und verlangte seine Auslieferung. Er schalt den Gustav einen treulosen, undankbaren Menschen; dieser entschuldigte sich: er habe fliehen müssen und würde ihm die verbürgte Summe wiedererstatten. Die Rathsherren entschieden endlich für — Berner, und dieser wollte schon mit Erichson abziehen, als der Bürgermeister Broms vortrat und vorstellte, die Klugheit und Rechtlichkeit zugleich erforderten, daß sie sich Erichsons annähmen. Seine Stimme drang durch, und nach sieben langen Monaten erhielt Erichson endlich heimlich ein Schiff, welches ihn nach Schweden übersetzte. Wie froh war er nun, als er den theuern vaterländischen Boden wieder unter den Füßen hatte! Aber sein erstes Auftreten versprach wenigen Erfolg. In der Stadt Calmar fand er eine schlechte Aufnahme, und der schwedische Commandant drohte ihm, er würde ihn an Christian ausliefern, wenn er nicht gleich wegginge. Geschwind zog Erichson seine Bauernkleider wieder an und wanderte weiter, immer von lauernden Feinden verfolgt. Sein Nachtlager mußte er bald im Walde, bald im Korne nehmen und mehr als einmal war er in Gefahr, erkannt zu werden. Sonntags, wenn die Bauern müßig dastanden, gesellte er sich zu ihnen und ermunterte sie, doch die Waffen gegen die Dänen zu ergreifen; aber keiner wollte ihn anhören. So kam er endlich zu seinem Schwager, dem Reichsrathe Brahe. Aber auch hier predigte er tauben Ohren. Brahe wollte eben nach Stockholm reisen, dem Könige zu huldigen, und er sowohl als seine Frau baten Erichson flehentlich, doch nicht sie und sich ins Unglück zu stürzen. Wie seufzte er über die feigen Seelen! Er reiste wieder ab und ging auf ein Gut seines sich in Stockholm befindenden Vaters, Räfnäs. Hier lebte er eine Zeit lang einsam und in tiefer Verborgenheit. Indessen bereitete Christian dem hohen schwedischen Adel ein schreckliches Schicksal. Er glaubte, daß er, so lange die schwedischen Edelleute lebten, nicht ruhig regieren könnte, und entschloß sich, sie umbringen zu lassen. Nur eins beunruhigte ihn dabei: er hatte ihnen versprochen, sich nicht wegen ihrer frühern Widersetzung an ihnen zu rächen. Da schlug sein Beichtvater, Slaghöck, ein Westphälinger, der es von einem Barbiergesellen bis zu einem

2. Theil 3 - S. 167

1880 - Stuttgart : Heitz
Stockholmer Blutbad. Gustav Erichsons Abenteuer. 167 Erzbischof gebracht hatte, vor, er könne ihnen ja als König sein Wort halten, aber als Vollzieher des päpstlichen-Bannes — denn der Papst hatte die Schweden in den Bann gethan — müsse er sie bestrafen. Das fand Christian recht schön und schritt schnell zur Ausführung. Vier Tage nach der Krönung, noch während der damit verbundenen Gastereien, setzte er plötzlich ein Gericht nieder, vor welchem die edle Christina, die Reichsräthe und der Magistrat von Stockholm verklagt wurden, und die Richter sprachen das Urtheil, daß alle das Leben verwirkt hätten. Gleich stürzten Soldaten in den Gerichtssaal und bemächtigten sich der Vertheilten, die so lange auf dem Schlosse warten mußten, bis die Anstalten zur Hinrichtung vollendet waren. In größter Eile wurden auf allen Plätzen der Stadt Galgen errichtet. Nach zwei Tagen wurde ausgerufen, daß alles Volk sich in den Häusern verhalten sollte, und Kanonen wurden aufgefahren. Dann öffneten sich die Thore des Palastes, und die Verurtheilten, denen man nicht einmal mehr das heilige Abendmahl bewilligt hatte, wurden hinausgeführt in den Prachtgewändern, in welchen sie zwei Tage vorher aufs Schloß zum Feste gekommen waren. Die.größten Reichsbeamten, die Reichsräthe, zwei Bischöse, die vornehmsten Edelleute und der ganze Magistrat von Stockholm gingen, von Henkern geführt. Paar und Paar zum Richtplatze (8. Nov. 1520). Es waren 94 Personen, die ausgezeichnetsten des Königreichs. Christian selbst sah aus einem Fenster des Rathhauses der Blutscene zu. Die Verurtheilten zeigten eine ruhige Fassung; das Volk dagegen, welches ungeachtet des Verbots die Straßen füllte, wehklagte laut, und viele wurden dafür von den dänischen Soldaten niedergehauen. Unter den Verurtheilten war auch Erichsons Vater. Das Blut floß im eigentlichen Verstände in Bächen vom Markte nach den anstoßenden Gassen, so daß diese Ermordung mit Recht das Stockholmer Blutbad genannt wurde. Christina, Sture's Wittwe, sollte wählen, ob sie verbrannt, ertränkt oder lebendig begraben werden wollte. Mit Mühe erhielt sie es, daß sie lebenslang in Ketten geschmiedet wurde. Viele geringere Bürger und die Bedienten der hingerichteten Edelleute wurden gehängt und ein Ritter gar gekreuzigt. Zwei Tage lang lagen die Leichen auf dem Platze und Christian selbst ging umher, sich an dem scheußlichen Anblicke zu weiden. Auch zwei kleine Knaben, deren Vater der König nicht leiden konnte, mußten sterben. Der eine war neun, der andere erst sechs Jahre alt, und zwar ließ er sie,

3. Theil 3 - S. 171

1880 - Stuttgart : Heitz
Gustav Erichson, König von Schweden. 171 habe. Sie läuteten schnell die Sturmglocke. Die Nachbardörfer, zu denen der Wind den Schall Hinübertrieb, läuteten auch und alsbald waren einige Tausend bewaffnete Bauern beisammen, die den Hos stürmten, wo sich die Dänen gelagert hatten. Diese wären verloren gewesen, hätten sie nicht schnell versprochen, Erichson in Ruhe zu lassen. Er machte sich nun geschwind davon und eilte noch tiefer in die Wildnisse hinein. Kaum aber war er fort, so erschien ein anderer schwedischer Edelmann, Lars Orlosson, in Mora. Er bestätigte nicht nur alles, was Gustav erzählt hatte, sondern setzte noch hinzu: Christian würde nächstens eine Blutreise durch Schweden machen, auch ins Gebirg kommen und neue Steuern auslegen. Damit aber die Bauern sich nicht empörten, so würde er jedem einen Arm und ein Bein abhauen lassen. Die Dalekarlier standen erschrocken da und bedauerten, daß sie Erichson hätten ziehen lassen. Kaum aber hörte Orlosson, daß dieser sich in der Gegend aufhielt, als er ihnen versicherte, dieser und kein anderer sei dazu gemacht, die Schweden zu retten. Dies bestätigte ein dritter flüchtiger Edelmann, der Augenzeuge von dem Blutbade in Stockholm gewesen war. Seine Schilderung riß die Bauern bis zur Wuth fort. Sie schickten dem Gustav Eilboten mit Schlittschuhen nach. Er wurde auch bald eingeholt, zurückgebracht und mit Jauchzen empfangen. Zweihundert Mann erboten sich gleich mit ihm zu ziehen. Mit ihnen erstürmte er ein Bergschloß und vertheilte die darin gefundene Kasse unter sie. Das machte großes Aussehen; wen nicht die Vaterlandsliebe antrieb, den lockte der Gewinn, und in wenigen Tagen waren schon 3000 Mann unter seinen Befehlen. Sein Heer machte reißende Fortschritte. Indessen übergehen wir hier die einzelnen Vorfälle des Krieges. Es sei genug, zu sagen, daß sich immer mehr gut gesinnte Schweden zu den ehrlichen Dalekarliern schlugen. Die Dänen verloren eine Stadt, eine Provinz nach der andern und waren endlich zuletzt nur auf Stockholm beschränkt, welches Gustav zu Wasser und zu Lande belagerte; denn die entzückten Schweden hatten ihn bereits zu ihrem Reichsfeldherrn ernannt. Aber damit waren sie nicht zufrieden; sie trugen ihm auch einstimmig die Königswürde an; jeder drängte sich auf dem Reichstage, welcher dazu in Strengnäs (1523) gehalten wurde, zu ihm heran, nm ihm mit Lobsprüchen und Danksagungen zu überhäufen. Gustav Erichson war sehr gerührt. „Ich danke euch, meine theuern Landsleute," sprach er, „für eure Liebe.

4. Theil 3 - S. 173

1880 - Stuttgart : Heitz
Gustav Erichson, König von Schweden. 173 ab, wo er sich Beistand zu verschaffen hoffte (1523). Aber das war vergebens; er halte seine Rolle ausgespielt; die in Stockholm begangenen Grausamkeiten hatten aller Herzen von ihm gewendet. Nachdem er sich mehrere Jahre hier und dort umhergetrieben hatte (eine Zeit lang war er selbst in Wittenberg bei Friedrich dem Weisen und nahm die lutherische Lehre an), segelte er nach Norwegen, wo er noch die meisten Freunde hatte, welchen zu Gefallen er wieder katholisch wurde. Aber er blieb nicht lange ruhig. Sein Nachfolger in Dänemark, König Friedrich I., sein Oheim, schickte ein Heer und eine Flotte nach Norwegen und Christian sah sich bald so in die Enge getrieben, daß er den Befehlshaber (Gylden-stiern) bat, ihm doch zu rathen, was er thun solle. Dieser rieth ihm, mit nach Kopenhagen zu segeln und mit dem Könige Friedrich selbst zu unterhandeln. Dazu versprach er ihm sicheres Geleit. Christian ging das ein und fuhr hin. Aber das war sein Unglück; denn alle dänischen Minister riethen dem Könige, den gefährlichen Christian ja nicht wieder zu entlassen, sondern ihn gefangen zu nehmen und Zeitlebens einzusperren. Das geschah auch. Man führte ihn nach der dänischen Insel Alsen und sperrte ihn im Schlosse Sonderburg ein. Hier saß er 20 Jahre im engen Gewahrsam und hatte Zeit, über seine vielen Vergehungen nachzudenken. Erst nachdem König Friedrich I. längst todt war, ließ ihn sein Nachfolger (Christian Iii.) wieder los, gab ihm Kalnnd-borg auf Seeland zum Aufenthaltsorte und versprach ihm alles zu thun, um seine vielen Trübsale ihn vergessen zu machen. Hier lebte er noch acht Jahre und starb erst im 78. Jahre seines Lebens, so daß ihm also Gott viele <Zeit gab, sein früheres Leben zu bereuen (1559).

5. Theil 3 - S. 280

1880 - Stuttgart : Heitz
280 Neue Geschichte. 2. Periode. Schweden und Rußland. tete er nach Auflösung der Strelitzen ganz nach europäischem Vor-bilbe ein, ebenso eifrig erstrebte er die Grünbnng einer russischen Seemacht. Schon 1697 hatte er Asow eingenommen und sich bomit bett Zugang zu dem schwarzen Meere eröffnet; wie er feilte Macht bis an die Küste der Ostsee ausbehnte, soll in bett nächsten Abschnitten erzählt werben. 106. Karl Xii., König von Schweden, 1697—1718. Karl Xii. war ein Urenkel der Schwester Gustav Abolphs, die an einen Pfalzgrafen von Zweibrücken vermählt gewesen war. Als fein Vater starb, war er noch nicht 15 Jahre alt. Daher verwaltete anfangs feine Großmutter, eine verstänbige Frau, die Regierung. Aber die Schweden wollten nicht gern unter der Herrschaft einer Frau stehen und übertrugen daher balb dem jungen Karl die Regierung. Er zeichnete sich als Knabe durch nichts aus, und man hielt ihn allgemein für einen sehr mittelmäßigen Kopf. Schweden hatte bamals einen viel großem Umfang als jetzt. Auch Finnlanb, Jngermannlanb (wo jetzt Petersburg liegt), Esth-lctttb uttb Lievlanb gehörten bett Schweden. Darüber waren aber die Nachbarn längst eifersüchtig gewesen uttb hatten nur auf eine Gelegenheit gewartet, über Schweden herzufallen und ihm die Febern auszurupfen. Jetzt glaubten sie, fei die Gelegenheit gekommen. Peter der Große, August Ii. von Polen und Friedrich Iv. von Dänemark schlossen ganz insgeheim einen -Bunb, und wirklich merkte auch Karl nichts bavon. Plötzlich brachen die Dänen in Holstein ein, welches bamals einem Schwager des Königs von Schweden gehörte, währenb sich August auf Lievlanb warf. Als Karl bies erfuhr, sprach er: „Es ist wunberlich, daß meine beibett Vettern Krieg haben wollen. Es mag also barum sein. Wir haben eine gerechte Sache; Gott wirb uns wohl helfen. Ich will die Sache erst mit dem einen abthun und hiernächst kann ich alle Zeit mit dem ctnbern sprechen." Seit der Zeit hatte er keinen Sinn mehr für Hoffeste. Matr sah ihn sich lebhaft mit bett alten Generalen feines Vaters und Großvaters unterhalten und ein ganz neuer Geist war in ihn gefahren. Alles war nun gespannt, was Karl thun würde. Sein Feuergeist wollte die Sache schnell entfchieben wissen und darum beschloß er, auf Seelanb zu tauben und dem Könige von Dänemark einen solchen Schrecken einzujagen, daß er Frieden machen müßte. Ge-

6. Theil 3 - S. 281

1880 - Stuttgart : Heitz
Karl Xii. Krieg gegen Dänemark. 281 sagt, gethan! Karl fuhr selbst mit einem ausgesuchten Heere über den Sund. Schon standen die Dänen am Ufer, um ihn zurückzutreiben. Aber ungeachtet des Kugelregens sprang er aus dem Schiffe ins Wasser, welches ihm bis an die Arme reichte, den Degen in der Hand, und so stürmte er gegen die Dänen an, hinter sich feine Soldaten, welche die Gewehre hoch über dem Wasser emporhielten. Als die Kugeln um ihn herumflogen, fragte er feine Begleiter, was das für ein Pfeifen wäre. „Sire! das sind die Flintenkugeln." — „So?" sagte Karl, „das soll künftig meine Lieblingsmusik sein!" — Die Dänen verloren den Muth, solchen Feinden zu widerstehen, und warfen sich in die Flucht. Nun ging es rasch auf Kopenhagen zu. Karl hielt die schönste Mannszucht; jedes Plündern war bei Todesstrafe verboten. Dafür aber nahmen ihn die braven seeländischen Bauern freundlich auf. „Gott segne Ew. Majestät," sprachen sie; „wir wissen wohl, daß Ihr uns kein Leid thun werdet; Ihr seid ja der frommen Ulrike Sohn." *) Wie schön, wenn der Segen unserer Aeltern auf uns ruht! — Und als Karl nachher wieder zurückkehrte, sagten ihm die ehrlichen Leute mit Thränen Lebewohl. Der König Friedrich aber war über die plötzliche Erscheinung der Schweden so bestürzt, daß er demüthig um Frieden (in Travendal in Holstein) bat. Karl gewährte ihn gern; denn er hatte mehr zu thun. Das geschah 1700. Nun ging es rasch wieder zu Schiffe. Karl fuhr über die Ostsee nach Lievland, landete und eilte der Stadt Narwa in Esthland zu Hülfe, die von den Russen belagert wurde. Hier kam es zu einer Schlacht, 8000 Schweden gegen fast 80,000 Russen, die sich noch obendrein verschanzt hatten. Aber der Wind trieb die fallenden Schneeflocken den Russen gerade ins Gesicht, und dies machte es den Schweden möglich, unbemerkt sich zu nähern. In einer Viertelstunde war die Schlacht entschieden und die Russen in voller Flucht nach einer einzigen Brücke. Endlich brach diese ein und alle, die aus ihr waren, stürzten mit Angstgeschrei zum unfehlbaren Tode hinab. Den Nachgebliebenen war nun jeder Weg der Rettung verschlossen; sie vertheidigten sich hinter einer Reihe von Wagen. Das Schießen hörte Karl am andern Ende des Schlachtfeldes. Er jagte herbei. Unterwegs hielt ein Morast ihn auf; er wollte durchsetzen, sein Pferd fiel aber so tief hinein, daß *) Seine Mutter war eine dänische Prinzessin, Schwester des Königs von Dänemark.

7. Theil 3 - S. 283

1880 - Stuttgart : Heitz
Karl Xii. Krieg gegen Rußland und Polen. 283 Oder, so stark sie auch fluthete, und wurde am andern Ufer von einer Menge gemeiner Leute umringt, die ihn flehentlich baten, sich doch ihrer gegen die katholischen Mitbürger anzunehmen. Die evangelischen Schlesier wurden damals, trotz der Versicherung des Kaisers bei dem westfälischen Frieden, auf alle Weise von den Katholischen bedrückt. Ein alter grauköpfiger Schuhmacher drängte sich vor allen heran, faßte dem Pferde in die Zügel und sagte: „Gnädiger Herr! Gott sei und bleibe mit Ihnen. Aber lassen Sie sich doch durch unsere Thränen erweichen und denken Sie nicht allein an sich selbst, sondern auch an uns arme Leute und an unsern unterdrückten Glauben im Lande." Der König sagte wohl zehnmal: „Ja! Ja!" Aber der Schuster ließ ihn nicht eher los, bis er ihm die Hand darauf gab. Karl hielt auch sein Wort. Er setzte es bald darauf beim Kaiser Joseph durch, daß in der Altranstädter Convention den Evangelischen in Schlesien Aufhebung der religiösen Bedrückungen und Herausgabe der in einigen Landestheilen seit dem westfälischen Frieden widerrechtlich weggenommenen Kirchen zugesichert wurde, ja daß sogar sechs neue Kirchen erbaut werden durften, welche man Gnadenkirchen nannte (in Freistadt, Sagan, Hirschberg, Landshut, Militsch und Teschen). Karl brach nun (1706) in Sachsen ein und ließ bekannt machen, daß jeder ruhig in seinem Lande bleiben könne; niemandem solle etwas geschehen. So rückte er bis Altranstädt vor, einem Orte nicht weit von Lützen. Gleich den folgenden Tag ritt er nach dieser Stadt, um das Schlachtfeld zu besehen, wo sein großer Ahnherr vor 74 Jahren so ruhmvoll gefallen war. Mit Rührung betrachtete er die Stelle, wo ihn der Tod ereilt hatte, und sprach: „Wir haben allezeit gesucht, so wie König Gustav Adolph zu leben; vielleicht thut uns Gott die Gnade, und läßt uns auch auf die Art, wie ihn, sterben." Ob sein Wunsch erfüllt ward, wird die Folge lehren. — Dann wurde den schwedischen Soldaten vorgeschrieben, wie sie sich gegen die Einwohner zu verhalten hätten. Was sie verlangten, sollten sie baar bezahlen und sich aller Mißhandlungen bei Todesstrafe gänzlich enthalten. Auf diese Befehle wurde auch strenge gehalten. In einem Dorfe nahmen zwei Soldaten vom Leibregimente einem Bauer eine Schale mit dicker Milch und schlugen den Jungen, der sie daran hindern wollte. Karl ritt gerade vorbei und hörte den Lärm, erkundigte sich nach der Ursache und ließ beide loosen, wer von ihnen sterben sollte. Das Urtheil wurde auf der Stelle vollzogen. — Einige Tage darauf hatte ein Dragoner

8. Theil 3 - S. 288

1880 - Stuttgart : Heitz
288 Neue Geschichte. 2. Periode. Schweden und Norwegen. Mit dem Ueberreste seines Heeres kam Karl am folgenden Tage an den Dnjepr. Mit Mühe überredete ihn Löwenhaupt, sich schleunig hinüber zu retten, und kaum war er auch mit nur 169 Mann, meist Offizieren, nicht ohne Gefahr drüben, so erschienen die Russen und nahmen vor seinen Augen Löwenhaupt mit fast dem ganzen schwedischen Heere gefangen. Was nun zu thun? — Zurück konnte und wollte Karl nicht. Da beschloß er denn, nach der Türkei zu gehen. Ein sonderbarer Entschluß! Aber gerade das Sonderbare zog ihn an. Er sand zwischen dem Dnjepr und Bog eine ungeheuere Einöde, mit Gras und niedrigem Gesträuch bewachsen, weit und breit keine Spur von Menschen, nicht einmal ein Fußsteig war zu sehen. In tiefer Stille setzten die Schweden ihren Weg fort. Jeder war mit der Vergangenheit und Zukunft beschäftigt. Dabei war nichts zu essen da. Die Kosacken jagten sich Rebhühner und wilde Schafe, die Schweden aßen bittere Mandeln und wilde Kirschen, und tranken Wasser aus einem faulen Moraste dazu. Nach zwei Tagen erreichte man den Bog. Jenseits fing das türkische Reich an. Karl sandte einen General hinüber, dem nächsten Pascha in Oczakow seine Ankunft zu melden. Dieser aber wollte erst in Konstantinopel anfragen; bis dahin wären alle Schweden verhungert, oder von den nacheilenden Russen gefangen worden. Zum Glück brachten Kaufleute Lebensmittel ins Lager und viele Schweden drängten sich mit Gewalt über den Fluß. Die übrigen wurden richtig von den Russen gefangen. Indessen hatte der Pascha von Bender, Jussuf Pascha, der von des Königs Thaten ganz bezaubert war, seine Annäherung erfahren, schickte ihm gleich Boten entgegen und bereitete ihm einen glänzenden Empfang. Zum Glück für Karl war der damalige Sultan, Achmet Iii., ein großmüthiger Mann, der sogleich Befehl ertheilte, für die Schweden bei der Stadt Bender ein Lager zu errichten, und sie unter seinen Schutz nahm. Hier im Lager traf Karl die Nachricht, daß seine uw ein ' Jahr ältere geliebte Schwester, Wittwe dss Herzogs von Holstein, der in der Schlacht bei Klissow gefallen war, gestorben sei. Man hatte ihm, um ihn zu schonen, diesen Verlust lange verschwiegen, bis er ihn durch Zufall erfuhr. „Ach, meine Schwester!" rief er aus: „Ach, meine Schwester!" Ein Augenzeuge sagt: „Wie sehr ihm diese Nachricht zu Herzen ging, ist kaum zu beschreiben. Jedermann hatte geglaubt, sein Heldenleben hätte alle seine Gefühle abgestumpft, da er weder Zorn, noch Begierde, noch Freude, noch

9. Theil 3 - S. 292

1880 - Stuttgart : Heitz
292 Neue Geschichte. 2. Periode. Schweden und Rußland. in deine Hände." — Aber Mehemet blieb dabei: „Der Friede ist geschlossen und er mnß bestehen." — Wüthend vor Zorn verließ Karl ohne Abschied das Zelt des Veziers und verklagte ihn beim Snltan. Dieser setzte ihn ab und verwies ihn; im folgenden Jahre schon starb er. Was hatte er nun von seiner Treulosigkeit? Der Friede mit Rußland wurde nicht umgestoßen. Keiner hatte sich mehr über Karls Niederlage bei Pultawa gefreut als — August Ii. Auf die erste Nachricht davon erklärte er den mit Karl in Altranstädt geschlossenen Frieden für erzwungen, kehrte nach Polen zurück, verband sich wieder mit dem Czaren und verjagte bald seinen Gegner Stanislaus Lesczinsky vom polnischen Throne. Auch Friedrich Iv. von Dänemark erklärte den Schweden wieder den Krieg. Alle drei fielen nun über die schwedischen Provinzen her, und wären die braven Schweden nicht so tapfer gewesen, so hätte Kart jetzt sein ganzes Land verloren. Karl saß indessen ruhig in seinem Lager bei Bender und entwars Riesenpläne, von denen kein einziger ausgeführt wurde. Vergebens ließ der Reichsrath ihn bitten, zurückzukommen. Karl antwortete: „Wenn der Reichsrath eines Präsidenten bedarf, so werde ich ihm einen meiner Stiefeln schicken." Seine Lage wurde von Tag zu Tage schwieriger. Zu seinen drei Feinden gesellten sich noch drei: Preußen, England und Holland. Alle seine Mühe, den Sultan zu einem neuen Kriege gegen Rußland zu bewegen, war vergeblich. Dagegen widerstand Achmet allen Aufforderungen des Czars, ihn auszuliefern. Endlich bot Peter Ms Millionen für den König. Aber Achmet antwortete: Peter fei durch nichts in der Welt im Stande, ihn zu einem so großen Verbrechen gegen die Gastfreundschaft zu bewegen; ein türkischer Kaiser habe eine noblere Seele. Zuletzt aber ließ Achmet Kartn geradezu merken, sein langer Aufenthalt sei ihm lästig, er möge doch endlich an die Abreise denken. Aber Karl war so erbittert auf ihn, daß er alle, ihm erwiesene Gastfreundschaft vergaß und gerade ihm zum Aerger bleiben wollte. Endlich drohte man ihm mit Gewalt, und da Karl immer hartnäckiger wurde und sich mit feiner Handvoll Schweden — es waren jetzt 196 Mann — in Vertheidigungsstand setzte, so besaht der Sultan dem Juffuf Pascha, sich Karls todt oder lebendig zu bemächtigen. Mit Thränen in den Augen zog der Pascha die Janitfcharen zusammen. Die Kanonen donnerten; seine Verschanzungen wurden erstiegen. Da beschloß Karl, sich in seinem hölzernen Hause bis auss äußerste zu vertheidigen. Er hieb sich durch 40 Janitfcharen,

10. Theil 3 - S. 294

1880 - Stuttgart : Heitz
294 Neue Geschichte. 2. Periode. Schweden. wohner, als sie am Morgen hörten, ihr König sei wieder da! und als er in der Stadt umherritt, jauchzte ihm alles entgegen. Nach dieser Zeit lebte Karl noch vier Jahre und schlug sich auch während dieser Zeit mit seinen Feinden herum, so daß er seit seinem 15. Jahre nicht zur Ruhe gekommen ist. Im Jahre 1718 unternahm er die Belagerung einer kleinen Festung auf der Grenze zwischen Norwegen und Schweden, Friedrichshall. Es war schon Ende Novembers; die Soldaten litten sehr von der Kälte; daher betrieb er die Belagerung mit vielem Eifer und sah täglich der Arbeit in den Laufgräben zu. Am 11. December, es war ein Sonntag, wohnte er noch nach seiner Gewohnheit des Vor- und Nachmittags dem Gottesdienste bei. Am Abend ging er in Begleitung des Ingenieurs Megret und des Adjutanten Signier, beide Franzosen, nach den Laufgräben, stützte sich mit beiden Armen auf die Brustwehr und sah den Arbeiten zu. Die beiden Offiziere, die nicht weit davon standen, wunderten sich endlich, daß der König so lange bleibe, und glaubten schon, er sei eingeschlafen. Endlich gingen sie hin und fanden ihn — todt. Eine Kugel hatte ihn in der rechten Schläfe getroffen und war an der linken Seite des Kopfes -wieder hinaus gedrungen; es ist sehr zweifelhaft, daß diese Kugel aus der Festung gekommen sein konnte. Man hat behauptet, jene beiden Franzosen hätten ihn ermordet, und es ist wahr, daß Siquier vier Jahre darauf im Wahnsinne sich den Mörder des Königs nannte. Aber man glaubt ja doch sonst den Aussagen eines Wahnsinnigen nicht und der Verdacht ist keineswegs erwiesen. Daß seine Soldaten ihn aufrichtig betrauerten und mit zahllosen Thränen ihn zu Grabe trugen, braucht nicht erst gesagt zu werden. Seine Unterthanen dagegen gewannen durch seinen Tod; denn bald darauf wurde Friede geschlossen, in welchem freilich die Schweden manche schöne Provinz abtreten mußten. Karl war bei seinem Tode erst 36 Jahre alt. Karl hatte großen Verstand, einen Muth, der an Verwegenheit grenzte, und einen so festen, eisernen Willen, daß .vor ihm alle Hindernisse schwanden. Seine Haupttugenden waren Wohlwollen und Redlichkeit. Aber weil er gegen sich selbst streng war, so ließ er auch in seinen Forderungen an andere nichts nach. Fand er Hindernisse und Schwierigkeiten, so verdoppelten sich nur seine Kräfte. Um ihn zu überwinden, mußte man im Stande sein, seinen Willen zu brechen, beugen ließ er sich nicht. Dieser Eigensinn war sein Unglück. Er hatte ihn schon in seiner Jugend ge-
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